Heute morgen am Sonntag um 10.15 verstarb unser ehemaliger Pfarrer Helmut Nann in Weil der Stadt. In der Pfarrei St. Karl Borromäus hat er 20 Jahre lang  (23. August 1987 - 30.06.2007) segensreich gewirkt. Seinem Primizspruch folgend: „Wohin ich dich auch sende, dorthin geh. Alles, was ich dir auftrage, das richte aus! Fürchte dich nicht vor anderen, denn ich bin bei dir, und ich rette dich.“ hat er imJahre 1987 die an ihn gerichtete Frage, ob er nicht die Pfarrei in Winnenden übernehmen wolle, mit einem klaren Ja beantwortet. Zahlreiche Aufgaben warteten auf ihn.

1988 wurde um die Gottesdienstzeiten gerungen, Schwerpunkte der Diözesansynode wurden intensiv diskutiert, die Gründung eines Orgelbaufördervereins wurde angeregt, die Fußwaschung am Gründonnerstag

und die Messfeier im Grünen an Christi Himmelfahrt wurden eingeführt. Manchmal Vorreiter, manchmal Vermittler – rasch stand er mitten in dieser versprengten Gemeinde mit ihren vielen Teilorten. Seine Entscheidung hat er nie bereut.

Die Feier der Eucharistie hat er als wesentlichen Auftrag verstanden, sei es mit der Samstags- und Sonntagsgemeinde in Winnenden, Berglen und Schelmenholz, sei es mit der Marktgemeinde am Donnerstag, sei es mit den Menschen in den Werktagsgottesdiensten oder mit den Menschen im Schelmenholz, die am Mittwoch gerne mit Ihnen den Gottesdienst feierten. Die Liebe Gottes in ihren vielen Facetten Kindern, Heranwachsenden, Erwachsenen in ihren Alltagen und Lebenswelten zu erschließen, war zentraler Punkt seiner Predigten. Immer wieder betonte er, dass wir alle zum Tisch des Herrn geladen sind.

Vergessen werden wir nicht, wie er mit uns an liturgischen Hochfesten die Gegenwart Christi gefeiert hat. Von den jährlich 80 bis 90 Beerdigungen hat er viele selbst übernommen, er hat die Verstorbenen zum Friedhof begleitet, fand tröstende und einfühlsame Worte, und spürte große Dankbarkeit, wenn Hinterbliebene ihm schrieben, wie rasch er sich einfühlen und in seinen Trauerreden sehr persönliche Worte finden konnten.

Die Feier der Erstkommunion lag ihm am Herzen. Kinder sollten diesen Tag nicht vergessen, sie sollten keine Nummer sein, weil Gott sie mit ihrem Namen gerufen hat. Keine Großveranstaltung, sondern Gottesdienstfeiern in kleineren Gruppen war sein Anliegen. So kam es, dass in unserer Gemeinde jährlich bis zu 5 Erstkommuniongottesdienste stattfanden. Diese versprengte Diasporagemeinde mit zahlreichen Gruppen, Ansichten und Anliegen zu betreuen, war eine gewaltige Aufgabe, die er meisterlich bewältigt hat.

Zahlreiche Sitzungen mit dem Kirchengemeinderat, mit den verschiedenen Ausschüssen und Arbeitskreisen, in der Seelsorgeeinheit, auf Dekanatsebene und im politischen Bereich erforderten ein straffes Zeitmanagement. Trotz allem wurde die Verkündigung der frohen Botschaft auf Gemeindeebene immer wieder neu bedacht: Es begann mit der Umsetzung der Ergebnisse der Diözesansynode, mit dem nicht einfachen Prozess der Gemeindeerneuerung, mit dem Start der Familienkatechese bis hin zu den pastoralen Perspektiven vor einigen Jahren. Frohe Botschaft hieß für ihn, Orte zu finden, an denen Menschen fröhlich sein konnten und miteinander feierten: Gemeindefeste, Jahresempfänge, Fastnachtsveranstaltungen der Gemeinde. Und er – er hat lange ausgehalten.

Sein Anstoß, einen Orgelbauförderverein zu gründen, wurde von engagierten Gemeindemitgliedern im Jahre 1990 in die Tat umgesetzt. Es folgten spannende und diskussionsreiche Jahre, konträre Ansichten konnten nicht immer ausgeglichen werden. Und heute: Die Kirchenmusik blüht durch den großen Einsatz unseres Chorleiters und Organisten und durch den Klang der neuen Orgel – dank Helmut Nanns Initiative und seiner finanziellen Unterstützung. Jeder freut sich inzwischen auf den Klang seiner spanischen Trompeten. Wie tief werden wir bspw. jedes Jahr berührt, wenn in der Osternacht die seit Tagen schweigsame Orgel das brausende Gloria anstimmt.

Das Jahr 2002 veränderte einen Teil seines Lebens oder brachte etwas zum Ausdruck, was tief in ihm schlummerte. Wir feierten das Partnerschaftsfest mit Bischof Dass und Pater Alfred Spießberger. Pater Alfred faszinierte ihn und er beschloss, nach Santa Cruz und San Jose in seine bolivianischen Kinderdörfer zu reisen. Kinder haben ihn dort so herzlich empfangen, Ihm so viel Freude gegeben, dass er nun wusste: Nicht Spanien, nicht ferne Welten, sondern diese Kinderdörfer werden in den nächsten Jahren sein wichtigstes Reiseziel sein. Die Partnerschaft hat bald eine solche Intensität gewonnen, dass im regen Austausch das sog. ‚Klein-Winnenden’ gebaut werden konnte, einige Häuser renoviert und eine deutliche Qualitätsverbesserung in der Kindererziehung und Mütterausbildung erzielt werden konnte. Fast halbjährlich ist er seit dem Jahre 2002 nach Bolivien gereist; er wusste, nur der persönliche Kontakt und die persönliche Anwesenheit kann dort zu den notwendigen Anstrengungen führen. Leider musste die Partnerschaft aus politischen Gründen im Jahre 2014 beendet werden.

2007 zog er nach Weil der Stadt und übernahm dort im Ruhestand einige pastorsale Aufgaben. Der Kontakt zu Winnenden und Leutenbach wurde weiter gepflegt. Jährlich traf man sich zu den Fastnachtsumzügen und zum anschließenden geselligen Beisammensaein bei ihm zu Hause. Weitere Höhepunkte waren die Feiern seiner runden Geburststage.

Nun müssen wir Abschied nehmen. Gott hat ihn zu sich gerufen. Die letzten Wochen und Monate waren für ihn sehr beschwerlich. Nun darf er hoffentlich das Himmelreich konkret erfahren. Wir werden ihn immer wieder in unser Gebet einschließen.