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7. Sonntag der Osterzeit, am 24. Mai 2020
Lesung: Apostelgeschichte 1,12-14
Als Jesus in den Himmel aufgenommen worden war,
12 kehrten die Apostel von dem Berg, der Ölberg genannt wird und nur einen Sabbatweg von Jerusalem entfernt ist, nach Jerusalem zurück.
13 Als sie in die Stadt kamen, gingen sie in das Obergemach hinauf, wo sie nun ständig blieben: Petrus und Johannes, Jakobus und Andreas, Philippus und Thomas, Bartholomäus und Matthäus, Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Simon, der Zelot, sowie Judas, der Sohn des Jakobus.
14 Sie alle verharrten dort einmütig im Gebet, zusammen mit den Frauen und Maria, der Mutter Jesu, und seinen Brüdern.
Evangelium: Johannes 17,1-11a
1 In jener Zeit erhob Jesus seine Augen zum Himmel und sagte:Vater, die Stunde ist gekommen. Verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrlicht!
2 Denn du hast ihm Macht über alle Menschen gegeben, damit er allen, die du ihm gegeben hast, ewiges Leben schenkt.
3 Das aber ist das ewige Leben: dass sie dich, den einzigen wahren Gott, erkennen und den du gesandt hast, Jesus Christus.
4 Ich habe dich auf der Erde verherrlicht und das Werk zu Ende geführt, das du mir aufgetragen hast.
5 Jetzt verherrliche du mich, Vater, bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, bevor die Welt war!
6 Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie gehörten dir und du hast sie mir gegeben und sie haben dein Wort bewahrt.
7 Sie haben jetzt erkannt, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir ist.
8 Denn die Worte, die du mir gabst, habe ich ihnen gegeben und sie haben sie angenommen. Sie haben wahrhaftig erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin, und sie sind zu dem Glauben gekommen, dass du mich gesandt hast.
9 Für sie bitte ich; nicht für die Welt bitte ich, sondern für alle, die du mir gegeben hast; denn sie gehören dir.
10 Alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist, ist mein; in ihnen bin ich verherrlicht.
11 Ich bin nicht mehr in der Welt, aber sie sind in der Welt und ich komme zu dir. (Einheitsübersetzung 2016)
Predigt:
Liebe Schwestern und Brüder!
Wir leben im Dazwischen! Diese Spannung zwischen „nicht mehr“ und „noch nicht ganz“ erleben wir ja gerade jetzt in der Coronakrise: Das unbeschwerte Leben der letzten Jahre, die grenzenlosen Begegnungsmöglichkeiten im Nah- und Fernbereich sind nur noch mit Vorsicht zu genießen - auch wenn die Risikogruppen sich nicht mehr völlig „abschotten“ müssen, trotzdem wissen wir noch nicht, wie es weitergehen, was die Zukunft bringen wird.
In einer ähnlichen Situation haben sich wohl die Jüngerinnen und Jünger nach Christi Himmelfahrt gefühlt! Die Erscheinungen mit Jesus, dem Auferstandenen waren vorbei - Jesus war ihren Blicken jetzt völlig entzogen! Wie sollte es weitergehen? Jesus für immer weg – seine Ansprachen, seine Wunder, seine Heilungen, seine trostvollen Worte, seine Berührungen – aus und vorbei – klar, er hatte ihnen einen Beistand versprochen – aber, wie sollte das funktionieren? In der Lesung aus der Apostelgeschichte haben wir gehört, was die Jüngerinnen und Jünger in dieser Zwischen-Zeit gemacht haben. Sie haben sich versammelt und haben gemeinsam gebetet. Lukas hat diese Gebetsgemeinschaft offenbar für so wichtig gehalten, dass er sogar die Namen der anwesenden Apostel genannt hat. Warum er von den Frauen allerdings nur Maria mit Namen genannt hat? Das kommt wohl daher, weil Religionsausübung zurzeit Jesu ja reine Männersache war. Da war es also schon revolutionär, dass bei den Betenden sogar Frauen und die Mutter Jesu dabei waren, und dies dann auch noch schriftlich festgehalten wurde. Wie wichtig das gemeinsame Beten ist, wie viel Kraft es geben kann, haben wir ja alle gespürt, als wir in den letzten Wochen auf unsere gemeinsamen Gottesdienste in der Kirche verzichten mussten. Das gemeinsame Beten haben wirklich viele vermisst. Manche haben erzählt, dass sie deshalb immer dann gebetet haben, wenn sie Glocken läuten hörten. Da haben sie gehofft, dass auch andere jetzt beten. Sich im Gebet mit anderen verbunden wissen, auch das kann Kraft und Zuversicht schenken. Manche haben Kerzen angezündet und ins Fenster gestellt; zum Zeichen, dass sie für andere beten. So haben sie gezeigt, dass sie die Hoffnung auf bessere Zeiten noch nicht aufgegeben haben.
Füreinander Beten – miteinander Beten - eine große Kraftquelle für uns alle – in dieser Zwischen-Zeit - zwischen Bangen und Hoffen. Auch Jesus hat gebetet. Mehrere Stellen in der Bibel berichten davon: Im Markus Evangelium erfahren wir, dass Jesus morgens noch vor Tagesanbruch aufstand und an einen einsamen Ort ging zum Beten. Das Lukasevangelium berichtet, dass Jesus manchmal die ganze Nacht über im Gebet zu Gott verbrachte.Im heutigen Evangelium haben wir einen Teil des Gebets gehört, das Jesus nach dem Ende seiner Abschiedsreden (Johannes Kapitel 13-16) für seine Jünger gebetet hat. Er spricht darin von seinem Herzensanliegen und wir erfahren viel über das Ziel seines Lebens.
„Die Stunde ist da“ – so beginnt dieses Gebet und Jesus hob seine Augen auf zum Himmel. Jesus muss ein ganz besonderes Gespür für „die rechte Stunde“ gehabt haben. Mehrfach spricht er davon; einmal sagt er: „Meine Zeit ist noch nicht da“ (Joh 7,6), später: Die Zeit ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht werde“ (Joh 12,23). Jesus lebte nach dem Zeitplan Gottes und der sah vor, dass schon bald die Zeit seines Leidens und Sterbens kommen wird (Joh 18–19). Doch auch Jesus hat das Leiden nicht gesucht – wir alle kennen das leidenschaftliche Gebet, wo er blutschwitzend den Vater bittet, diesen bitteren Kelch des Leidens nicht trinken zu müssen! Aber er bringt es auch fertig, zu sagen: „Nicht mein, sondern Dein Wille geschehe!“ (Lk 22,42; Mt 26,42; Mk 14,36) Und im Johannes Evangelium hören wir: „Vater, die Stunde ist da: verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrliche“.
„Verherrlichen“ – ein Wort, das heute kaum mehr in unserem Wortschatz gebraucht wird. Das griechische Wort hierfür bedeutet so viel wie „ehren“, „verklären“ oder „offenbaren“. Jesus betete also dafür, dass Gott ihn offenbart, also der Welt zeigt, wer er ist, auch wenn er nach diesem Heilsplan am Kreuz sterben muss. Und gleichzeitig wird Gott verherrlicht, das heißt: Jesus offenbart das tiefste Geheimnis der Liebe Gottes, wenn er für uns stirbt. Denn dann setzt er diesen Heilsplan Gottes in die Tat um. Durch die Hingabe seines Sohnes geschieht die Erlösung der Welt von Sünde und Tod; diese Prophezeiung hatte Gott ja schon lange vorher seinem Volk gegeben. Jesu Tod am Kreuz hat Gott verherrlicht, weil dadurch Gottes inständiger Wille, die Menschen zu retten, offenbart wurde. In diesem Gebet erkennen wir Jesu klares Lebensziel. Jesus lebte ganz für die Verherrlichung Gottes. Er wollte den Menschen zeigen, wie Gott ist, nicht nur in seinen Gleichnissen und Worten, sondern auch in seinen Taten, und dafür hat er alles geben, auch sich selbst. Auch als es schmerzhaft, ungerecht und „dreckig“ wurde, hat Jesus an seinem Lebensziel festgehalten, er wollte Gott um jeden Preis „verherrlichen“.
Was bedeutet das für uns im Hier und Jetzt? Jesus hat wirklich alles gegeben! Eigentlich kann ich da nur demütig werden und danken für so viel Hingabe und Liebe. Gleichzeitig erkenne ich aber auch, wie oft meine Wünsche und Interessen doch sehr Ich-bezogen sind, und wohl selten mit dem Interesse Gottes übereinstimmen. Können wir von Jesus lernen, Gott zu verherrlichen, ihn durch mein Reden und Tun zu offenbaren, ihn und seine Interessen meinen Mitmenschen anzupreisen und ihn dadurch zu ehren, zu verherrlichen? Es wird auch heute nicht ohne gemeinsames Gebet gehen und auch nicht ohne seinen heiligen Geist, der über alle Grenzen hinweg Männer und Frauen begeistern und zur Verherrlichung Gottes führen will.
Möge Gott uns helfen, unser Lebensziel erneut zu prüfen und uns helfen, auch durch unser Reden und Tun zu seiner Verherrlichung beizutragen. Die Kraft des Heiligen Geistes möge uns durchdringen, dass auch wir begeistert für die Sache Jesu eintreten können. Jesus ist an unserer Seite, auch dann, wenn es anders kommt, als wir uns das wünschen – zur Verherrlichung Gottes des Vaters!