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Liebe Gemeinde

Das Evangelium heute ist schwer verständlich. Es beginnt mit den Worten: “Wenn ihr mich liebt...“ Johannes redet immer wieder von Liebe, von geheimnisvoller Erkenntnis, von Tod. Wie so oft erkennen wir bei ihm kaum einen Zusammenhang und sind verwirrt. Und doch sind die Abschiedsworte Jesu, die Johannes wiedergibt unersetzliche Weisheit. Es geht um die Kunst des Lebens, die gleichzeitig auch die Kunst des Sterbens ist. Um die Abschiedsworte Jesu zu verstehen brauchen wir nicht viel Verstand und Intelligenz. aber wir müssen im Leben einige Erfahrungen gemacht haben. Wenn Menschen auseinandergehen, die sich nicht lieben, dann kommt recht schnell das Vergessen. Wenn aber Menschen getrennt werden, die sich lieben, wird die Nähe die sie dabei erleben sogar noch intensiver. Diese Erfahrung machen Verliebte

die den Partner in einer anderen Stadt oder sogar im Ausland wissen. Sie sitzen vor dem Telefon und warten dass es klingelt, sie haben keinen anderen Gedanken. oder sie sehnen sich nach dem Briefträger. Während der Arbeit denken sie nur aneinander. Diese Erfahrungen machen Liebende auch beim Tod eines Partners. Abschied und Sterben, beides wirkt gleich auf uns. Trennung ist Tod und die Liebe ist stärker als der Tod. Wir erfahren das in der schmerzlichen Trennung. In der Liebe nimmt mit der Entfernung die innere Nähe zu. Je mehr wir einen Menschen vermissen, je mehr wir an seiner Abwesenheit leiden umso näher ist er uns im Herzen. Liebe hofft auch gegen jede realistische Einschätzung. Eine solche Liebe ist voller Schmerz, aber Schmerz ist Leben. Wer nicht leidet, wer wie betäubt ist gegen den Schmerz, der liebt nicht und der lebt eigentlich auch nicht richtig.

Diese Erkenntnis und Erfahrung ist die Voraussetzung um das Johannesevangelium zu verstehen in seinen Abschiedsreden. In den lieblosen Augen dieser Welt ist Christus tot. Johannes aber redet von Jesus mit dem Auge der Liebe, nicht als unberührter Berichterstatter. Anders als Markus, Lukas und Matthäus berichtet er nicht ausführlich über die Worte und Gebote Jesu. Er fasst alles zusammen in die Worte: Liebet einander. Diese Liebe überwindet Trennung, überwindet den Tod. Diese Liebe ist die Voraussetzung zur Ostererfahrung und Osterfreude. Es ist die Beziehung die Jesus und die Jünger untereinander hatten. In dieser Liebe überwinden die Jünger Trennung und tot. Diese Liebe lässt auch uns auf geheimnisvolle Weise erfahren: Christus ist nahe, Christus lebt. Und in dieser Liebe hören wir Jesu Worte: Weil ich lebe, werdet auch ihr leben. Nähe, Hoffnung, Freude, das alles verbirgt sich hinter diesem Abschnitt des Johannesevangeliums, der beginnt mit den Worten: Wenn ihr mich liebt.....

Aber Lieben, wie geht das? Wir können uns das nicht einfach vornehmen. es gibt dafür auch keine Gebrauchsanweisung. In unserer Macherwelt finden wir kein Rezept. Nur eines können wir tun. Unsere Brücke ist das Wünschen, ist die Sehnsucht. Mit immer mehr sehnsüchtigen Wunsch können wir z.B. im Gebet Gott entgegentreten und wie ein kleines Kind bitten und flehen. Flehen er möge uns Liebe, Liebesfähigkeit schenken. Er allein kann uns verwandeln. Wir selbst können diese Liebesfähigkeit nicht erzeugen, wir können sie nicht selbst machen. Diese Liebe gibt es nur als Geschenk. Nur diese geschenkte Liebe zu Jesus ist stärker als der Tod. Bitten, Flehen, Schreien wir so um diese Liebesfähigkeit, dazu lädt Johannes uns ein.

Amen